von Eva Bekker | Feb 9, 2016 | Inhalte, Politisches, Uncategorized
Es wird höchste Zeit, dass im Urhebervertragsrecht endlich die Instrumente gestärkt werden, die zum fairen Ausgleich der Interessen aller Beteiligter und damit zur Stärkung der Position der UrheberInnen und KünstlerInnen führen. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum Urhebervertragsrecht bildet hierfür eine sehr gute Grundlage.
Die Entwicklung der Medien und die wachsende Macht der Internetkonzerne verlangen ein gemeinsames Auftreten aller Protagonisten der Kultur- und Medienwirtschaft, also der UrheberInnen, ausübenden KünstlerInnen und ihrer Verwerter (wie Verleger, Produzenten, Sender), um die zukunftssichere Neuorganisation der Werkschöpfung und Werkvermittlung in der digitalen Welt gemeinsam zu schaffen.
Dies kann aber nur auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und Respekts sowie einer gemeinsamen Strategie geschehen, die auf Augenhöhe ausgehandelt wurde.
Bis heute herrscht jedoch immer noch eine starke Asymmetrie der Verhandlungspositionen zugunsten der Verwerter:
– Die Zeitungsbranche verwendet häufig allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Autoren alle Rechte gegen pauschale Niedrighonorare abfordern. Sie ignoriert zudem oft die für freie Journalisten (Text und Foto) abgeschlossenen Vergütungsregeln und unterläuft damit das Gesetz.
– Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat sich für die Buchverlage fairen Verhandlungen mit den Autoren und Illustratoren entzogen. Nur einzelne Verlage waren bereit, Vergütungsregeln für Autoren und Übersetzer aufzustellen. Nicht alle Autoren besitzen eine starke Verhandlungsposition, um eine befristete Übertragung ihrer Nutzungsrechte durchzusetzen. Häufig wird vor allem in Wissenschafts- und Sachbuchbereich immer noch eine Übertragung aller Rechte für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts verlangt.
– Im Bereich Film und Fernsehen sind nur wenige Vereinbarungen zustande gekommen. Filmproduzenten und nur sehr wenige Sender haben Vergütungsregeln oder Tarifverträge abgeschlossen, und das auch erst nach jahrelangem Druck oder nach Klagen. Insbesondere die Hauptauftraggeber ARD und ZDF wehren oftmals Forderungen nach Verhandlungen über Vergütungsregeln ab. Bis heute sind wesentliche Verteilungsfragen offen, von Augenhöhe kann keine Rede sein.
– Auch die für viele Gewerke im Bereich Fernsehen und Hörfunk relevante Frage der Vergütung der längeren Nutzung von Werken in Mediatheken ist ungeklärt.
– Insbesondere im Medienmusikbereich verhindern intransparente Abrechnungssysteme oder verweigerte Abrechnungen der Werknutzungen wie z.B. in Streamingdiensten eine angemessene Vergütung. Auch sind aufgrund niedriger Buyouts und sinkender Tantiemen-Einnahmen über die Wahrnehmungsgesellschaften die Vergütungen von Komponisten und Musikern häufig unangemessen.
Das reformierte Urhebervertragsrecht muss abschließende und befriedigende Lösungen bieten, um das Verhältnis von UrheberInnen, ausübenden KünstlerInnen und Verwertern in eine faire Balance zu bringen.
Dazu müssen folgende Grundsätze durchgesetzt werden:
– Die angemessene Vergütung ist die entscheidende Voraussetzung. Sie ist nicht nur Absicherung der Existenz der UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen, sondern versetzt sie erst in die Lage, neue Projekte zu planen und damit Risiken einzugehen und Innovationskräfte freizusetzen, die für die Kultur- und Medienwirtschaft essentiell sind.
– Jede Nutzung eines Werkes führt zu Wertschöpfung. UrheberInnen und ausübende KünstlerInnen müssen einen fairen Anteil daran erhalten, auch für Nutzungen im Internet. Pauschale Zahlungen können, bei angemessener Vergütung, weiterhin möglich sein.
– UrheberInnen und KünstlerInnen dürfen nicht gezwungen werden, Rechtepakete abzutreten, deren Umfang den konkreten Bedarf der Verwerter übersteigt und es wahrscheinlich macht, dass einzelne Rechte ungenutzt bleiben.
– Rechtsübertragungen müssen zeitlich befristet und rückrufbar sein. Branchenspezifische Lösungen sind sinnvoll und im Gesetzesentwurf bereits vorgesehen.
– Transparente Abrechnungen müssen jede Nutzung nachvollziehbar machen.
– Vergütungsvereinbarungen zwischen Verwertern und Urheberorganisationen bilden die Grundlage für Individualvereinbarungen zwischen UrheberInnen und KünstlerInnen und Verwertern, d.h. die Vergütungsregeln legen die Mindestbedingungen fest. Dies macht die Produktion von Werken kalkulierbar, insbesondere auch von Werken mit vielen Beteiligten (Film-, Fernseh- und Gamesproduktionen).
– Dies kann nur gelingen, wenn klare Regeln für die Aufnahme und den Abschluss von Verhandlungen bzw. für die verbindliche Schlichtung aufgestellt werden.
– Organisationen der UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen müssen das Recht erhalten, für ihre Mitglieder einzutreten und Verbandsklagen durchzuführen, um die faire Vertragsabwicklung im Konfliktfall durchzusetzen.
Die Initiative Urheberrecht unterstützt den Referentenentwurf im Prinzip und hat einige essentielle Änderungsvorschläge dazu erarbeitet. Sie fordert Bundestag und Bundesregierung auf, diesen Referentenentwurf schnell und im Dialog mit den Betroffenen umzusetzen.
Die Initiative ist jederzeit bereit, mit dem Parlament, der Regierung und den Verwertern offene Fragen zu erörtern. Sie setzt dabei auf die Vernunft und den Willen aller Beteiligten zum Konsens.
Februar 2016
In der Initiative Urheberrecht arbeiten über 35 Verbände und Gewerkschaften zusammen, die die Interessen von insgesamt rund 140.000 UrheberInnen und ausübenden KünstlerInnen vertreten.
www.urheber.info
Wenn Sie UrheberIn oder KünstlerIn sind (oder diese unterstützen wollen) und mitunterzeichnen möchten, unterzeichnen Sie hier:
http://urheber.info/erklaerung http://urheber.info/erklaerung/unterzeichnen
von Eva Bekker | Mrz 2, 2015 | Inhalte, Politisches
Liebe Mitglieder,
nachfolgend findet Ihr einen Text von Matthias Hornschuh, der der Aufforderung der Piraten-Politikerin in der EU Julia Reda, Meinungen zu äußern, folgt.
Wir halten Matthias‘ Stellungnahme für sehr „auf den Punkt“ und sehr wichtig. Danke Matthias!
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Sehr geehrte Frau Reda,Sie haben um unsere Meinungen gebeten. Viele Kollegen haben sich zu äußern versucht; wir fragen uns, was mit den Stellungnahmen nun geschieht. Zu finden sind sie jedenfalls nirgends. Das wäre aber wünschenswert, und es wäre sinnvoll, nicht zuletzt, damit Sie später belegen können, auf welche Äußerungen Sie sich beziehen. Wir fordern von Ihnen Transparenz.
Ich bin Komponist und Publizist, Programmleiter eines Film&Musikfestivals und als Vorsitzender des Berufsverbandes mediamusic e.V. in Fragen der Kultur- und Medienpolitik und des Urheberrechts engagiert. Als ich mich entschloss, Ihnen zu antworten, habe ich mir zunächst einmal die Formulierung Ihres Aufrufs zur Beteiligung noch einmal genauer angesehen; sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch. Und hier ist es bereits an der Zeit für eine Bitte um Nachsicht: Das wird ein längerer Text. Notwendigerweise.
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Zu Ihrem Text; auf Deutsch heißt es da:
„Am Lautesten ist in der Debatte die Verwertungsindustrie zu hören, Kunstschaffende selbst kommen zu selten zu Wort.
Spiegeln die Pläne der Verwerter wirklich die Interessen aller Kunstschaffenden wider?“
Dieselben (?) beiden Sätze auf Englisch:
„The stakeholders whose voices are loudest in the debate are the collecting societies – the voices of creators themselves are heard much less.
Do the plans of the collecting societies really reflect the interests of all artists?“
Sehr interessant. Dass es sich bei diesen Sprachfassungen um zwei gänzlich unterschiedliche Texte handelt, muss jedem leidlich im Thema Bewanderten ins Auge springen.
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[1] Copyright ist nicht gleich Urheberrecht. Sie verwenden aber beide Begriffe de facto synonym.
Das kontinentaleuropäische URHEBERRECHT ist das Recht der Urheber. Ein Droit d’Auteur oder Authors’ Right. Es ist unübertragbar und gibt dem originären Rechteinhaber ein absolutes Entscheidungsrecht über sein Werk an die Hand: Ein „Moral Right“.
Das angloamerikanische „Copyright“ hingegen ist das Recht aufs Kopieren: Ein „Vervielfältigungs-“ und damit ein „Verwerterrecht“ – ohne Moral Right. Es ist übertragbar, daher gibt es in den USA das künstlerfeindlichste Rechtsprinzip, welches man sich überhaupt vorstellen kann: Es heißt „Total Buy Out“ und ist bei uns rechtskonform nicht möglich.
Die fehlende Sensibilität für diese Fundamentalunterscheidung macht mir Sorgen: Ich kann keine Hinweise darauf erkennen, dass Sie nicht bereit (oder sogar längst im Begriff) sind, mein Recht auf Selbstbestimmung und mein Recht auf angemessene Vergütung zugunsten eines angloamerikanischen Industrierechts aufzugeben.
Wo dabei im Übrigen auch nur der geringste Vorteil für die Allgemeinheit und die Verbraucher liegen soll, das müssten Sie uns erst einmal schlüssig erklären. Abzusehen ist, dass neben der materiellen Übermacht zukünftig auch die Verfügungsgewalt über kulturelle Güter in die Hände multinationaler börsennotierter Unternehmen gelangen könnte. Balance geht anders.
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[2] Den beiden Textfassungen zufolge betrachten Sie Verwertungsgesellschaften (wie in meinem Bereich die GEMA und die GVL) als „die Verwertungsindustrie“ bzw. als „Verwerter“? Sie vertun sich.
Ein „Verwerter“ ist jemand, der eine Nutzungslizenz (für ein Werk, eine Aufnahme oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung wie eine musikalische Interpretation oder die Darbietung eines Schauspielers) erwirbt und an den Markt bringt, um dort damit einen Gewinn zu erzielen oder auch ein neues, „gekoppeltes“ Werk zu schaffen – wie einen Film oder ein Hörspiel. Verwertung ist eine im Kern kaufmännische Tätigkeit, die die vom Lizenzgeber erbrachte künstlerische oder publizistische Tätigkeit im kaufmännisch-administrativen Bereich komplementär ergänzt. In mittlerweile nicht mehr so seltenen Fällen kann es auch eine Personalunion von Lizenzgeber und Verwerter geben; wenn ich mein eigenes Label gründe, meinen eigenen Musikverlag, oder wenn ich einen Film mache, in dem ich meine eigene Musik (in Lizenz!) verwende. Verwertung ist nichts Illegitimes, sondern eine Notwendigkeit, so lange urheberrechtlich geschütztes Geistiges Eigentum an einen Markt für kulturelle Güter gebracht werden soll. Überhaupt ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass Urheber und Verwerter einander brauchen und in Symbiose existieren; wer Anderes behauptet, weiß wenig von den Realitäten in der Branche.
Verwertungsgesellschaften jedenfalls sind _keine_ Verwerter. Sie agieren nicht am Markt. Sie dürfen aufgrund des so genannten „Kontrahierungszwangs“ niemandem eine Lizenz verweigern. Sie versuchen nicht, Werke, Lizenzen, Auftritte, T-Shirts zu verkaufen. Sie dürfen keinen Gewinn machen. Sie sind auch nicht im oben skizzierten Sinne Lizenznehmer (obwohl sie für ihre Arbeit selbstverständlich über Lizenzen verfügen müssen), sondern sie sind Treuhänder: unsere Treuhänder.
Was sie auch nicht sind: Teil der Musikindustrie. Ganz im Gegenteil: Die GEMA beispielsweise ist Tarifpartner der Musikindustrie und insofern regelmäßig damit befasst, der Industrie höhere Lizenzabgaben abzutrotzen.
Die GEMA ist ein Verein; sie _gehört_ den originären Rechteinhabern, nämlich den Komponisten und Textdichtern und ihren oft engsten administrativen Partnern, den Musikverlegern. In diesem Sinne ist die GEMA unsere Genossenschaft und Gewerkschaft zugleich. Sie ist vom Gesetzgeber damit beauftragt, für uns „Wahrnehmungsberechtigte“ Vergütungstarife zu vereinbaren und das inkassierte Geld an uns zu verteilen.
VGs gewährleisten und vereinfachen den Zugang zu den Werken (GEMA, VG Wort) oder deren Interpretationen und Aufnahmen (GVL), sie bieten kurze Wege, Kalkulations- und nicht zuletzt Rechtssicherheit, und damit eines der höchsten Güter in einem reinen Lizenzmarkt wie der Kulturwirtschaft. Speziell in der Musik sind die Verwertungsgesellschaften die Lebensader jeder Wertschöpfung.
Sie sollten und Ihre Mitarbeiter müssen das wissen. Insofern stellt sich die Frage, welche Absicht mit einer solchen offenkundigen Falschübersetzung verbunden ist.
An anderer Stelle ist „Verwertungsindustrie“ dann übrigens mit „Distributors“ übersetzt. Vertrieb allerdings leisten die VGs ganz sicher nicht. Lassen diese sprachlichen Entgleisungen auf ein möglicherweise recht pauschales Feindbild schließen? Sind Sie als Berichterstatterin des EU-JURI-Ausschusses nicht dazu verpflichtet, eine neutrale Position einzunehmen?!
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[3] Die „Creators“, also im rechtlich-definitorischen Sinne die Werkschöpfer, bezeichnen Sie in der dt. Übersetzung als „Kunstschaffende“.
Leider verhält es bei dem Begriff „Kunst“ immer so, dass, sobald man hin verwendet, irgendjemand auftaucht, der für sich die Entscheidungshoheit darüber reklamiert, ob denn etwas überhaupt Kunst sei. Oder eben nicht. Womit in aller Regel eine Minderwertigkeit, entweder des Gegenstandes oder aber seines Schöpfers, behauptet wird – eine Minderwertigkeit, aus deren Behauptung man sehr schnell Verschiedenstes ableiten kann, etwa: dass der Gegenstand oder sein Schöpfer nicht schutzwürdig seien; dass die Gesellschaft daran kein Interesse haben könne (gleichwohl aber schnellen und günstigen Zugang haben müsse …), dass ohnehin das Konzept des Werkschöpfers in einer Zeit der transformativen Werknutzung … Ach, lassen wir das. Jedenfalls ist es nicht sinnvoll, hier mit dem Begriff Kunst zu agieren, denn er tut überhaupt nichts zur Sache, und offenbar ist er im englischsprachigen Text auch nicht nötig. Dort heißt der Werkschöpfer schlicht „Creator“, und genau der (bzw. die) ist es ja auch, um den (/ die) es geht.
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[4] „Sind sie mit dem Status Quo zufrieden?“
Nein, keineswegs. Meine Kollegen und mich treiben Zukunftssorgen um, die nichts mit Besitzstandswahrung zu tun haben, denn als Kulturschaffende sind wir vertraut mit Kulturwandel, der oft einhergeht mit technologischem und wirtschaftlichem Wandel.
Die heutige Situation ist jedoch neu und anders. Als vor 90 Jahren der Tonfilm die Musiker der Kinoorchester in existenzielle Not stürzte, war es schlicht vorbei mit der Nachfrage nach deren Leistung: Die Musiker wurden nicht mehr gebraucht. Unsere Leistung als Werkschöpfer, Interpreten, Aufnahmehersteller, Verwerter hingegen _wird_ gebraucht bzw. in rechtlicher Hinsicht genutzt: Es gibt heute eine belegbare Nutzungsintensität in historischem Umfang. Doch die Erlöse der Rechteinhaber, und zumal die der Autoren, stehen in keinem vernünftigen Verhältnis zu diesem Umfang der Nutzung. Ganz offensichtlich haben wir es daher mit strukturellen Problemen zu tun. Diesen wird man allerdings allein mit einer Reform des Urheberrechts nicht wirkungsvoll begegnen können.
Lösungsansätze für die derzeitige Ausblutung so gut wie aller Anbieter digitalisierbarer Inhalte („Transfer of Value“) liegen vielmehr da, wo Haftung zugewiesen wird durch die Errichtung klarer Haftungsregimes, wo Recht durchgesetzt wird, kurz: da, wo eine Klarheit von Regeln und Konsequenzen für den Fall der Zuwiderhandlung geschaffen wird. Besonders im Bereich der Provider- und Störerhaftung, der Inhaftungnahme digitaler Intermediäre und auch in kartellrechtlichem Durchgreifen gegen unverkennbare Monopolstrukturen (am Horizont: YouTube MusicKey?!) hat sich die Politik längst zum willigen Erfüllungsgehilfen marktradikaler Kräfte gemacht, die unter Labels wie „free“ und „open“ systematisch Rechtsbrüche begehen und in Europa Parallelmärkte nach Copyright-Prinzip etablieren. Und auch die unregulierte Distribution immaterieller Güter ist ein Problem, dem man sich dringend widmen müsste. Es gibt mittlerweile hinlängliche Evidenz dafür, dass wir es hier explizit mit Problemen zu tun haben, die technisch in Europa und Nordamerika verortet sind; also müssen wir uns auch innerhalb dieser Rechtsräume um Lösungen bemühen. Plausible Lösungsansätze für unsere drängenden, weil existenziellen Nöte liegt jedenfalls nicht in der Regulierung des Urheberrechts allein, und überhaupt sind die wesentlichen Probleme im Urheberrechtsbereich strukturell sehr ähnlich zu denen im Bereich Daten- und Verbraucherschutz.
Die Hinwendung zu den von Ihnen „Nutzer“ genannten Konsumenten rechtfertigt die Verwandlung des Urheber- in ein Verbraucherrecht nicht: Die wesentliche Maßgabe für eine verantwortungsvolle, für eine nachhaltige Regulierung muss sein, den Markt für kulturelle Güter wieder zu einem funktionierenden Markt zu machen, in dem sich _alle_ Player an die national geltenden Regeln halten. Nur so kann das Überleben der lokalen, regionalen und nationalen Akteure gewährleistet werden – und nur so kann der nötige Nachschub professionell erstellter Inhalte ermöglicht werden. Das ist übrigens keine schöngeistige und auch keine rein idealistische Betrachtung: Nachdem Deutschland so wie alle europäischen Staaten die UNESCO Konvention zur Kulturellen Vielfalt gezeichnet hat, haben wir rechtlich bindend anerkannt, dass Kultur einen „Doppelcharakter“ aufweist. Kulturelle Güter sind immer zugleich auch wirtschaftliche Güter. Wird die Funktionsfähigkeit in einem der beiden Bereiche beschädigt, wirkt sich das unmittelbar auf den anderen aus. D.h. ein Entzug materieller Ressourcen für die Kultur gefährdet den Fortbestand und die Funktion des kulturellen Systems an sich. Und damit die für die Gesellschaft unverzichtbaren identitätsstiftenden Prozesse kulturellen Schaffens.
Eines sollte klar sein: „Alles für lau“ ist eine Forderung von gestern.
Zeitgemäß und nachhaltig wäre: „Zugang zur Kultur gegen angemessene Vergütung“. Wobei die „Angemessenheit“ (§32 UrhG) nicht von Laien mit den Füßen ermittelt werden kann, sondern am Markt und auf Basis geltenden (auch tariflichen) Rechts rechtssicher festgestellt werden muss.
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[5] „Wollen sie wirklich Land für Land die Rechte für ihre Werke verhandeln, oder hätten sie lieber einen einzigen europäischen Markt?“
Eindeutige Antwort: Wir wollen die territoriale Trennung beibehalten.
Es gibt doch längst einen europäischen Markt; das gewährleisten nicht zuletzt die enorm effizienten europäischen Verwertungsgesellschaften mit ihrem dicht geknüpften Netz von Gegenseitigkeitsverträgen. Wir haben Freizügigkeit, so ist es uns freigestellt, genau die VG zu wählen, die uns passt. Warum sollte es also in unserem Interesse als Urheber sein, in einem ausschließlich nach den merkantilen Bedürfnissen von US-amerikanischen Großverwerten gestalteten System zu arbeiten – zudem diese in viel zu vielen Fällen nicht ordnungsgemäß lizenzieren und noch nicht einmal Steuern abführen?
Den Doppelcharakter kultureller Güter laut Unesco Konvention habe ich bereits angesprochen. Ebenso die absehbar fatalen Folgen für Inhalte und deren Produzenten, wenn die stattfindende Wertschöpfung weiter an den Werkschöpfern vorbeigeht und so Geld aus der Kulturwirtschaft herauszieht („Transfer of Value“). Kulturelle Güter sind nicht nur Gegenstand nationaler Identität, sie sind deren Ausdruck und ein wesentliches Instrument der Selbsterneuerung und Selbstvergewisserung. Reflexion, Innovation, Verhandlung von Werten – all das basiert auf einer funktionierenden Kultur und ihren Protagonisten.
Die national geltenden Rechte fassen nun die jeweils unterschiedlichen Werte, Haltungen, Praktiken in Regelwerke, die sich wiederum auch unterscheiden – so wie sich die Kulturen unterscheiden. Wer diese Unterschiede nivelliert und Kultur behandelt wie den Handel mit Schrauben oder KFZ-Scheinwerfern, der riskiert irreversible Schäden für die europäische Kultur.
Kurz: Es gibt aus inhaltlicher und damit kultureller Sicht nur Nachteile durch eine strikte Vereinheitlichung europäischer Standards. Im Übrigen ergibt sich in einem reinen Lizenzmarkt wie meinem – Musik & Medien – ein ganz wesentlicher Teil der Wertschöpfung daraus, Nutzungslizenzen territorial und zeitlich beschränkt verhandeln und vergeben zu können. Auch Schriftsteller, deren Romane für jedes Land hinsichtlich Übersetzung und Veröffentlichung sowie nicht zuletzt auch Verfilmungsrechten einzeln lizenziert werden, werden Ihren Vorstellungen kaum mit Begeisterung begegnen.
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[6] Sind sie wirklich gegen Remixes?
Ist das wirklich eine ernstgemeinte Frage? Wieso sollte ich, wieso sollten meine Kollegen „gegen Remixe“ sein? Wenn die Leute sowas machen wollen, dann soll sie es doch machen. Sie dürfen das ja auch, und zwar auf Basis des geltenden Rechts. Was sie nicht dürfen: Das Ergebnis veröffentlichen, ohne mich gefragt zu haben. Es verwerten ohne mich zu beteiligen. Was soll daran falsch sein? Das ist nicht nur eine Frage finanzieller Erträge, sondern zunächst mal eine des Respekts mir und meiner Arbeit gegenüber.
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[7] „Wo würden ihre Prioritäten bei einem Update des Urheberrechts liegen?“
Vor allem anderen: Unser Urheberrecht muss als Recht der Urheber fortgeschrieben werden. Es ist der Transmissionsriemen für Kultur, Kulturwirtschaft und Medien. Es ist kein Verbraucherrecht und kann auch dem Sinn nach keines sein.
Im Wesentlichen sind die Urheber und Rechteinhaber in Deutschland zufrieden mit dem Urheberrecht. Natürlich gibt es Konflikte im Binnenverhältnis der Branche, doch die gibt es überall, wo etwas zu verteilen ist, und die großen Bedrohungen liegen in den Eingriffen von außen (s.o.).
Konkret drückt es gelegentlich da, wo in der teils erheblichen Asymmetrie des Marktes bei den jeweils kleineren wirtschaftlichen Einheiten – und das sind Urheber und Interpreten per se – die Verhandlungsbasis nicht gegeben ist, die es ihnen ermöglichen würde, sich gegen die Übermacht ihrer Auftraggeber bzw. Lizenznehmer zu wehren, ohne damit den nächsten Job oder die ganze Karriere zu riskieren. Hier wäre es dringend angezeigt, ein Verbandsklagerecht einzuführen, das eine große Hilfe bei der Adressierung struktureller Schieflagen böte.
Absolut bizarr waren die Entscheidungen der Politik in der jüngeren Vergangenheit, gesetzlich verbriefte Ansprüche ohne adäquate Durchsetzungsmittel zu verankern. Das begann bereits mit der Implementierung von Privatkopieabgaben und von Beteiligungsansprüchen an Verwertungserlösen, deren Aushandlung man jedoch, anstatt den Staat damit zu betrauen, in die Asymmetrie der Branche verlagerte. Vergütungsansprüche in Gesetze zu schreiben ohne sie durchsetzbar zu machen, ist Scharlatanerie.
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[8] „Nutzer*innen wollen Zugang zu Informationen und nicht im Alltag kriminalisiert werden.“
MUSIK und andere KULTURELLE INHALTE sind keine INFORMATIONEN!
Was für ein ungeheuerlicher Blödsinn. Wenn überhaupt, dann ist Musik mit „Wissen“ zu vergleichen, also mit der Kontextualisierung von Informationen.
Das in Deutschland geltende Urheberrecht reguliert nicht zuletzt den Zugang zu und die Teilhabe an kulturellen Gütern, indem es Rechteinhaber unter sehr vielen Bedingungen _zwingt_ ihre Rechte zur Verfügung zu stellen. Es gibt Schranken, es gibt multiple Kontrahierungszwänge und es gibt, völlig jenseits jeder rechtlichen Bestimmung, eine ungeheuer weit reichende Bereitwilligkeit der Kulturschaffenden, Menschen teilhaben zu lassen. Diese Bereitschaft und der ihr unterliegende Idealismus dürfen jedoch nicht dazu führen, dass Kulturschaffende sich selbst und ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit aufgeben. Daher ist es zwingend notwendig, dass das Recht die Bedingungen der Werknutzung definiert: für die Verbraucher, für die Nutzer im terminologischen Sinne und auch für die Rechteinhaber.
Eine, mit Verlaub, ausgelutschte Phrase wie „Kriminalisierung“ in einem Aufruf zur Beteiligung an (professionelle?) Urheber und Rechteinhaber zu verwenden, lässt nicht auf sonderlich viel Sensibilität für die Situation der Angesprochenen schließen. Wenn es zudem offenbar zum „Alltag“ der angeblich „Kriminalisierten“ gehört, Anlässe für ebendiese Kriminalisierung zu schaffen, dann sagt diese Einschätzung aus dem Mund einer Parlamentarierin einiges aus.
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Abschließend möchte ich Sie ernsthaft darum bitten, offenzulegen, welche Experten und Gewährsleute Sie für Ihre Sicht auf die Situation der Urheber heranziehen.
Es wäre interessant zu wissen, inwieweit Sie bereit sind, die für uns existenzielle Unterscheidung zwischen Profi (beruflich / erwerbsmäßig tätig) und Laie (möglicherweise begabt, aber nicht auf Erlöse aus der Verwertung seiner Werke angewiesen) anzuerkennen und zu berücksichtigen. Die Annahme, heute sei ja jeder irgendwie ein Urheber, ist für die Urheberrechtsdebatte nicht zielführend.
Dass Sie Vorbehalte gegen Verwertungsgesellschaften haben, ist Ihr gutes Recht als Privatperson. In Ihrer parlamentarischen Funktion jedoch müssen Sie vom Gesetzgeber gewollte, mit der Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben betraute Institutionen zunächst einmal anerkennen. Niemand verlangt, dass Sie unkritisch sind; das sind wir als Wahrnehmungsberechtigte auch nicht.
Wir müssen uns darauf verlassen können, dass Sie Ihr Amt als Mandatsträgerin nicht missbrauchen. Als Berichterstatterin sind Sie dem Parlament – und damit mittelbar uns als dem Souverän – gegenüber verantwortlich, nicht Ihrer Partei.
Sollten Sie uns vermitteln, dass wir uns darauf verlassen können, dann werden Sie in uns Urhebern und Interpreten, in unseren Verlagen, Labels und Verwertungsgesellschaften und in den Berufs- und Branchenverbänden bestens informierte und konstruktive Ansprechpartner finden. Sie werden eine Stimmen- und Meinungsvielfalt vorfinden, wie Sie Ihnen aus dem Parlament und aus Ihrer Partei vertraut ist. Und Sie werden feststellen, dass „zwischen den Stühlen sitzen“ (so beschreiben Sie es im dt. Aufruf) Teil unseres Jobprofils ist, weshalb wir tatsächlich froh sind über jeden, der uns helfen will. Ob und inwieweit Sie das wollen, das wäre nach aktuellem Stand noch zu beweisen.
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QUELLEN:
Deutsch: https://juliareda.eu/2015/02/kunst-und-kreativschaffende-sagt-mir-eure-meinung/
Englisch: https://juliareda.eu/2015/02/copyright-update-creators-what-is-your-opinion/
Mit den besten Grüßen
Matthias Hornschuh
Komponist
Vorsitzender mediamusic e.V. | berufsverband medienmusik, KölnPS:
Diesen Text werde ich auf Ihrer FB-Seite und auf der von mediamusic e.V. veröffentlichen. Bei Bedarf auch an anderer Stelle.
von Eva Bekker | Okt 15, 2014 | Inhalte, Politisches
An die Intendanten der ARD-Sender
Ulrich Wilhelm (BR), Dr. Helmut Reitze (HR), Prof. Karola Wille (MDR), Lutz Marmor (NDR), Jan Metzger (RB),
Dagmar Reim (RBB), Thomas Kleist (SR), Peter Boudgoust (SWR), Tom Buhrow (WDR), Peter Limbourg (DW), Willi Steul DLF)
Offener Brief in Kopie an den Intendanten des ZDF, Dr. Thomas Bellut, Deutscher Kulturrat, Prof. Christian Hoeppner,
Initiative Urheberrecht, Dr. Gerhard Pfennig und Katharina Uppenbrink, GEMA, Dr. Harald Heker und Michael Duderstädt,
Programmbeirat Das Erste
Sehr geehrte Damen und Herren,
in den letzten Tagen wurde publik, dass die ARD-Sender intendieren, vermehrt auf Creative-Commons-Lizenzierung zu setzen, damit ihre Inhalte sich besser im Netz verbreiten können. Es kursiert dazu ein durch iRights.info veröffentlichtes Positionspapier, von dessen Authentizität wir ausgehen, auch wenn die ARD selbst dieses Papier nicht öffentlich macht. http://irights.info/wp-content/uploads/2014/10/Creative_Commons_in_der_ARD.pdf
Da eine Umstellung auf Creative-Commons nachhaltige Auswirkungen auf das Schaffen von Urhebern hätte und das Musikrecht im Positionspapier als besonderes Hemmnis einer digitalen Senderzukunft dargestellt wird, äußern wir uns mit einer offenen Stellungnahme, um einige unserer Auffassung nach bestehende Missverständnisse frühzeitig zu benennen.
Als Berufsverband der Auftragskomponisten möchten wir, ohne uns gegen eine digitale Innovation der ARD-Sender zu wenden, auf die Gefahren aufmerksam machen, die für Musikautoren und ebenso für den Kulturauftrag und die Legitimation der Sender entstehen, wenn Creative Commons trotz der mit dem Lizenzmodell einher gehenden weit gefächerten Problematik als Schlüssel für die digitale Zukunft der Sender angesehen wird.
Wir werden unsere Positionen im Folgenden kurz zusammen fassen und sie im Anschluss ausführlicher begründen. Uns ist bewusst, dass viele unserer Positionen von Ihnen – den Sender-Intendanten – im Wesentlichen und zum Teil öffentlich bekundet geteilt werden. Es geht uns darum, einer Aufweichung der Positionen durch den Einfluss von finanzstarken Lobby-Organisationen der Netzwirtschaft (als Profiteur von Creative Commons) entgegen zu wirken. Über eine Antwort von Ihnen würden wir uns sehr freuen, da es hier um existenziell wichtige Rahmenbedingungen der Zukunft von Musikautoren und anderen Kreativschaffenden geht.
Unsere wichtigsten Punkte sind:
– Wir unterstützen das duale Rundfunksystem und treten, wo wir können, für eine nachhaltige Legitimation der öffentlich-rechtlichen Sender ein.
– Auch wir sind dafür, öffentlich-rechtliche Inhalte umfangreich ins Netz zu bringen und ihren regen Austausch (etwa in Form von Mediathek-Links) durch die Beitragszahler zu fördern, um die Beitragsakzeptanz zu fördern.
– Das eigentliche Problem beim Vorhalten von öffentlich finanzierten Inhalten im Netz und insbesondere in den dafür konzipierten Mediatheken der Sender ist nicht das Urheberrecht (auch nicht im Speziellen das Musikrecht), sondern die Depublizierungspflicht (Löschpflicht), der die öffentlich-rechtlichen Sender gegenwärtig unterliegen. Diese wettbewerbsrechtliche Regulierung über Creative-Commons-Lizenzierungen zu umschiffen, um Inhalte trotz Depublizierungspflicht auf Fremdplattformen verbreitet zu wissen, hieße, Urheber für ein nicht von ihren Rechten und Ansprüchen verursachtes Problem in Regress zu nehmen, ihre Rechte und Vergütungen strategisch zu beschneiden und sich gleichzeitig als beitragsfinanzierte Sender vermehrt den Bedingungen kommerzieller Fremdplattformen zu unterwerfen. Dagegen wenden wir uns.
– „Creative Commons“ ist ein Lizenzkonzept, bei dem Erschaffer von Inhalten unweigerlich und endgültig auf einen Teil ihrer Rechte und Vergütungen verzichten. Nichts spricht gegen die Creative-Commons-Lizenzierung einzelner redaktioneller Inhalte (insbesondere von festangestellten Sender-Mitarbeitern) im Ausnahmefall. Aber die Creative-Commons-Lizenzierung als Standard für die Verwendung von zu lizenzierendem (nicht intern hergestelltem) Material sowie von Auftragswerken wäre nicht nur schädlich für die Urheber, sondern würde auch die Legitimation der öffentlich-rechtlichen Sender gefährden, da sie zu einer lizenzbedingten Verengung des Repertoires sowie des Pools an zur Verfügung stehenden Autoren führen würde.
– Die öffentlich-rechtlichen Sender arbeiten letztlich an ihrer eigenen Abschaffung, wenn sie primär auf kommerzielle Fremdplattformen (Youtube, Facebook etc.) für die digitale Verbreitung ihrer Inhalte jenseits der für sie selbst geltenden Depublizierungspflicht setzen, ihre Lizenzbedingungen zulasten ihrer eigenen Urheber den eigennützigen AGB dieser (von Creative Commons enorm profitierenden) Plattformen anpassen und den Strategen der Plattformen schleichend die Deutungshoheit über die digitale Informationsgesellschaft überlassen.
– Die Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung“ (im Positionspapier als besonders geeignet dargestellt) ist problematisch, sofern die Verbreitung der Inhalte durch gängige Plattformen erleichtert werden soll, da die Nutzung von Inhalten etwa durch Facebook oder Youtube kommerzieller Natur ist.
– Öffentlich-Rechtliche Sender brauchen eigene digitale Plattformen und Verbreitungswege, um publizistisch autonom zu bleiben und selbst (gern auch interaktiv mit den Nutzern!) über das Ranking und eventuelle Bewerben von Inhalten entscheiden zu können. Auf den eigenen Plattformen (Mediatheken) ist Creative Commons nicht erforderlich, sofern nicht mit der Creative-Commons-Maßgabe verdeckt das Ziel eines Vergütungs-Dumpings bei Kreativschaffenden verbunden sein sollte.
– Insbesondere aufwändig produzierte Musik besteht aus Gewerken und resultierenden Rechten (auch Leistungsschutzrechten) unterschiedlichster Personen und ist kaum unter das Creative-Commons-Dach zu bekommen. Selbst wenn die GEMA bestimmte Creative-Commons-Lizenzen zulassen würde, wäre ein Großteil ihres Repertoires nicht in diesem Lizenzmodell zu haben.
– Dass viele ältere Produktionen – teilweise auch aufgrund nicht geklärter Musikrechte – nicht in die Mediatheken gelangen, ist kein Resultat urheberrechtlicher Hürden in aktuellen Verträgen oder der Gesetzgebung an sich, sondern resultiert aus der Unzulänglichkeit alter Verträge. Hier sind Ergänzungsverträge notwendig. Eine Creative-Commons-Lizenzierung neuerer Inhalte löst dieses Problem nicht, sondern übt nur – dem eigentlichen Anliegen nach unnötigen – Druck auf die Urheber neuer Inhalte in Richtung einer Rechte-Einschränkung aus.
– Durch Creative-Commons-Lizenzierung öffentlich-rechtlicher Inhalte werden Drittanbieter-Plattformen sowie Suchdienste, die zur Monopolisierung und globalen Machtausweitung neigen, enorm gefördert, ohne dass die Sender ein Mitspracherecht bei deren Gestaltung hätten oder Teile der Erlöse an Sender oder Urheber zurückflössen. Auf diese Weise sorgen öffentliche Mittel indirekt für eine Stärkung von internationalen Marktgiganten, die selbst nicht in die Produktion und Redaktion von Inhalten investieren. Das schwächt privatwirtschaftliche Inhalteanbieter wie den Privatrundfunk und kann nicht Ziel der öffentlichen Rundfunkfinanzierung sein.
– Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte im Rahmen seines Kultur- und Bildungsauftrags stets in der Lage sein, eine breite Palette an Inhalten wiederzugeben und nicht verführt oder gezwungen sein, sich durch Lizenzrestriktionen zu beschränken. Beitragsakzeptanz ist schließlich auch ein Resultat des inhaltlichen Angebots, nicht nur der freien Verbreitung.
– Das deutsche Urheberrecht sieht gemäß §32 eine angemessene Vergütung der Urheber für die Nutzung ihrer Werke vor. Creative Commons ist damit nicht kompatibel und somit nicht rechtssicher. Selbst wenn die Sender ihrerseits angemessene Nutzungsvergütungen weiterhin zahlten, würden Urheber um wichtige Erlöse aus Drittverwertungen beschnitten.
– Nutzungen von Werken im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sind – entgegen mancher Hoffnungen von Sendestrategen – in den allermeisten Fällen lizenztechnisch als kommerziell einzustufen, bedingt durch die Geschäftsmäßigkeit des Sendebetriebs, den wirtschaftlichen Vorteil der Werknutzung sowie der mit dem Angebot privater Sender konkurrierenden Nutzungsart (zusammen mit Werbemaßnahmen der öffentlich-rechtlichen Sender).
– Öffentlich-rechtliche Sender haben auch eine Verantwortung gegenüber den für Sie arbeitenden Urhebern und dürfen das Spektrum nicht (zu Lasten der Qualität) auf solche Urheber einschränken, die sich zum partiellen Rechteverzicht in Form von Creative Commons bereit erklären.
– Durch die Menge der unterschiedlichen Creative-Commons-Lizenzen und ihre immer wieder notwendige Kombination mit nicht Creative-Commons-geeigneten Inhalten wird die primär inhaltliche Orientierung der Sender beeinträchtigt. Das bürokratisch aufwändige Handling der Lizenzen wird in der Praxis viele Rechtsprobleme nach sich ziehen, die durch feste und rechtssichere Vereinbarungen mit Verwertungsgesellschaften wie der GEMA zugunsten eines reibungslosen Sendebetriebs ausgeräumt wurden und auch für neu hinzukommende digitale Verbreitungswege effektiv ausgeräumt werden können.
Im Folgen möchten wir Ihnen unsere Positionen näher erläutern:
Auch wir wollen, dass öffentlich-rechtliche Inhalte im Netz stattfinden !
Zunächst sei nochmals betont, dass wir einen zentralen mit Ihrem Vorstoß verbundenen Wunsch nicht nur gut verstehen, sondern teilen: den Wunsch, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärker „ins Netz zu holen“ und mit Ihrem hochwertigen Angebot möglichst viele Menschen zu erreichen. Nicht nur teilen wir diesen Wunsch. Wir glauben vielmehr, dass die öffentlich-rechtlichen Sender mittelfristig nur dann eine Chance haben, in ihrer gebührenfinanzierten Form als Garanten einer medialen Grundversorgung weiter legitimiert zu werden, wenn sie und ihre Inhalte auch im Netz stattfinden. Es ist daher ein wichtiger fortlaufender Prozess, nach zeitgemäßen Strategien und Lösungen zu suchen, Inhalte im Netz vorzuhalten und das Netz konstruktiv als interaktives Medium zu nutzen. Schließlich nimmt die Bedeutung linearer Medien wie Radio und Fernsehen ab, und es steht außer Frage, dass das Netz eine Schlüsselrolle in einer sich rasant ändernden Medienlandschaft einnimmt.
Bestehende Rechtsgrundlage – wo ist das Problem ?
An sich erfordern die sich ändernden Rahmenbedingungen keine Neuausrichtung der Lizenzpraxis. Schon jetzt gibt es bei allen ARD-Sendern Mediatheken. Dort können Inhalte unabhängig von der linearen Sendezeit abgerufen werden. Ebenfalls können Mediathek-Links über Social-Media-Plattformen wie Facebook problemlos ausgetauscht und in Blogs eingebunden werden. Neuere Urheber-Verträge beinhalten den dazu nötigen Rechteerwerb standardmäßig. Auch mit den Verwertungsgesellschaften – etwa der GEMA – gibt es klare Übereinkünfte, die Ihnen nach Online-Nutzungsrechteerwerb eine Nutzung Ihrer Inhalte im Netz gegen angemessene Vergütung ermöglichen. Nur hat dieses öffentlich-rechtliche Mediathek-Prinzip jenseits urheberrechtlicher Fragen den zweifellos für die Gebührenzahler und die Sender ärgerlichen Haken, dass Inhalte nicht dauerhaft vorgehalten werden, sondern nach kurzer Zeit (7-Tage-Frist / Depublizierungspflicht) wieder entfernt werden müssen.
Die Abschaffung der Depublizierungspflicht in den Mediatheken – eine Verzerrung des Wettbewerbs ?
Bevor nun aber die Creative-Commons-Lizenzierung zur vermeintlichen Lösung dieses Problems herangezogen wird, muss man den Hintergrund der Depublizierungspflicht betrachten. Ausgangspunkt dieser Regelung war nicht der Druck von Urhebern (etwa von den durch uns als Verband vertretenen Musik-Komponisten), die sich einer Weiterverwendung von Inhalten im Netz hätten verweigern wollen, sondern der Druck privater Sendeunternehmen, die in der dauerhaften Verfügbarmachung öffentlich-rechtlicher Inhalte eine Wettbewerbsverzerrung sahen und sehen. Das Anliegen, bei den ARD-Sendern vermehrt Creative-Commons-Lizenzen zu verwenden ist zweifellos stark von dem Wunsch geprägt, diese Depublizierungspflicht „elegant“ zu umgehen und Inhalte über Drittanbieter (externe Plattformen) dauerhaft im Netz zu halten. Jede der verschiedenen Creative-Commons-Lizenzen bedeutet schließlich, dass ein Urheber unwiderruflich auf Teile seines Urheberrechts verzichtet und zumindest die „non-kommerzielle“ Verbreitung seiner Inhalte durch Jedermann unentgeltlich zulässt. Es wäre dann für Jedermann legal, die Inhalte herunterzuladen und das Originalmaterial selbst auf weiteren Plattformen – in deren wirtschaftlichem Interesse – einzustellen.
Das bedeutet nun aber, dass Sie mit Ihrem Vorstoß einen partiellen Urheberrechtsverzicht fordern, um wettbewerbsrechtliche Bestimmungen zu unterlaufen. Das würde die eigentlich zu verhindernde Wettbewerbsverzerrung noch vergrößern, und Sie würden die Urheber dieser Inhalte – als schwächere Partei im Vergleich zu den eigentlich zu adressierenden Privatsendern – in Regress nehmen für die gar nicht von den Urhebern herbeigeführte Depublizierungspflicht. Das können wir als Verband der deutschen Auftragskomponisten, die einen wesentlichen Teil Ihres Programmangebots mit gestalten, nicht hinnehmen.
Wer profitiert von CC Lizensierung im öffentl.-rechtl. Rundfunk wirklich ?
Es sind vor allem die zunehmend zur Monopolisierung neigenden Netz-Unternehmen (besonders Google mit der eigenen Videoplattform Youtube, zunehmend auch Facebook mit der Video-Upload-Funktion), die wirtschaftlich von einer Creative-Commons-Lizenzierung öffentlich-rechtlicher Inhalte profitieren würden. Wie Sie selbst in Ihrem Positionspapier ausführen, sichert sich Facebook via AGB Nutzungsrechte an hochgeladenen Videos. Je mehr hochwertige Inhalte auf solche Weise direkt auf den Servern der Plattformen stehen, desto mehr Geld verdienen die Netz-Unternehmen über Werbefinanzierung. Wir sind der festen Überzeugung, dass es das öffentlich-rechtliche System längerfristig delegitimieren wird, wenn die von Gebührenzahlern aufgewendeten Gelder letztlich unter dem Deckmantel des „Public Value“ vor allem die Profite von global aufgestellten Netzunternehmen steigern und diesen Unternehmen die Deutungshoheit über die digitale Medienlandschaft überlassen, während die Unternehmen den „Public Value“ durch ihre eigenen Strategien nach Belieben wieder einschränken können.
Wir wollen damit nicht kritisieren, dass Netz-Unternehmen ausschließlich auf Gewinn ausgerichtet sind und entsprechend agieren. Das liegt in der Natur der Sache. Allerdings: Die kulturelle Konsequenz einer zunehmenden Abhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender von diesen Unternehmen wäre fatal. Schließlich würden private Sendeunternehmen durch die indirekt mit öffentlicher Finanzierung unterstützte Drittanbieter-Konkurrenz im Netz erdrückt, sowohl hinsichtlich der Bereitstellung journalistischer als auch fiktionaler Inhalte. Man muss sich dabei vor Augen halten, dass private Rundfunksender viel mühsam erwirtschaftetes Geld in die Produktion hochwertiger Inhalte und die Vergütung von Urhebern investieren und mit zunehmender Medienkonvergenz in immer stärkerer Konkurrenz zu den Plattformen stehen. Die Netzplattformen, deren Inhalte mehr und mehr auf den selben Endgeräten konsumiert werden, investieren hingegen kaum in Inhalte und wehren häufig angemessene Urhebervergütungen ab. Sie schöpfen den Rahm des (noch) lebendigen Medienbetriebs ab und machen inhaltlich-redaktionell ausgerichteten Medien gleichzeitig das Leben schwer. Würden Sie nun diese Plattformen durch Creative-Commons-lizenzierte Werke „beschenken“, würde das sehr bald auch die Legitimation der öffentlich-rechtlichen Sender in Frage stellen. Weshalb nämlich sollten Gebührenzahler zur Kasse gebeten werden, um Inhalte zu finanzieren, von denen später vor allem kommerzielle – weitaus weniger regulierte – Plattformen profitieren, die wiederum fast nichts von ihren Profiten an die Sender, Urheber oder die Öffentlichkeit zurückführen, noch nicht einmal Steuerzahlungen in eigentlich fälliger Höhe?
Wir sind der Auffassung, dass vor diesem Hintergrund die Creative-Commons-Lizenzierung von Inhalten kein Schlüssel für die digitale Zukunft der öffentlich-rechtlichen Sender sein kann. Vielmehr sind die Sender in der Verantwortung, ihre eigenen unabhängigen Plattformen im Netz zu halten bzw. auszubauen und sich den wettbewerbsrechtlichen Herausforderungen ebenso zu stellen wie den Lizenzvergütungsfragen. Nur so können ein Gleichgewicht in der dualen Medienlandschaft sowie die Rahmenbedingungen dafür gewahrt werden, dass Urheber eine Basis haben, von ihrem Schaffen zu leben und die Sender weiter mit hochwertigen Inhalten beliefern zu können.
Auch Werknutzungen durch die öffentl.-rechtl. Rundfunkanstalten sind zumeist lizenztechnisch kommerzieller Natur !
In diesem Zusammenhang möchten wir auch darauf hinweisen, dass es ein Irrtum ist zu glauben, dass Creative-Commons-Lizenzen mit Ausschluss kommerzieller Nutzung (CC-NC) angemessen für öffentlich-rechtliche Sender wären, weil die Sender selbst „non-kommerziell“ aufgestellt seien. Allein schon die Geschäftsmäßigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunkbetriebs, aber auch die Einbindung von Werbung, der Weiterverkauf von Inhalten sowie die Konkurrenz mit den Privatsendern werden in letzter Instanz immer dazu führen, dass die Nutzung von Werken durch einen öffentlich-rechtlichen Sender im lizenztechnischen Sinne als kommerziell einzustufen ist. Es kommt bei der rechtlichen Unterscheidung zwischen kommerzieller und non-kommerzieller Nutzung sowieso nicht auf die Aufstellung des Nutzers an, sondern auf die Art der Nutzung. Die Art, wie öffentlich-rechtliche Sender Werke nutzen, gleicht in weiten Teilen der Nutzung im privaten Rundfunk, bringt ebenfalls (auch ohne Gewinnerzielungsabsicht) einen wirtschaftlichen Vorteil und ist somit als „kommerziell“ einzustufen. Die unbegrenzte Nutzung gegen Einmalzahlung etwa von Creative-Commons-Musik zum Kostensparen bei den ARD-Sendern ist daher rechtlich nicht gedeckt.
Es gibt ein Recht auf angemessene Vergütung !
Das deutsche Urheberrechtsgesetz schreibt aus gutem Grund in §32 eine angemessene Vergütung von Autoren vor. Autoren sollen am wirtschaftlichen Vorteil der Nutzung ihrer Werke beteiligt werden. Im Falle der von uns vertretenen Auftragskomponisten bedeutet das: Wenn sie von den Landesrundfunkanstalten dazu gedrängt werden, ihre Musik unter einer Creative-Commons-Lizenz zu veröffentlichen, würden sie unweigerlich und unwiderruflich auf mögliche Vergütungen für Zweit- und Drittverwertungen von Werken verzichten. Die wirtschaftliche Existenz der ohnehin häufig am Existenzminimum agierenden Kreativschaffenden würde dadurch weiter gefährdet. Dort, wo öffentlich-rechtliches Programm Creative-Commons-Musik bereits jetzt vorzieht, ist klar erkennbar, dass der Wunsch nach Einsparung von Lizenzkosten sogar Vorrang vor der Verfügbarmachung der Inhalte hat. Es werden nämlich die mit der Creative-Commons-Musik vertonten Sendungen bisweilen nicht zu gleichen Konditionen ins Netz gestellt. Diese Praxis kann man eigentlich nur als Umgehung der gesetzlich vorgeschriebenen angemessenen Vergütung interpretieren. Ohnehin erscheint uns die Nutzung von partiell rechtefreier Musik – sei es durch CC-Lizenzen oder so genannte „GEMA-freie Musik“ – durch gebührenfinanzierte Sender als weder fair noch konform mit dem §32 UrhG. Nicht nur aktuell für die ARD-Anstalten tätige Auftragskomponisten, sondern auch die Komponisten vorbestehender Werke, die im Programm aus gutem Grund in hohem Umfang genutzt werden, kämen bei einer Ausweitung dieser Politik in ein existenzbedrohendes Dilemma. Sie müssten sich entweder entscheiden, das weltweite Auswertungspotenzial ihrer Werke zugunsten der Nutzbarkeit im deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk über eine Creative-Commons-Lizenzierung (oder die Nicht-Wahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft) zu beschneiden, oder sie müssten auf Nutzungsvergütungen aus dem deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk verzichten, weil die Werke hier nicht mehr genutzt werden dürften. Beides wäre für Ihre Schaffens-Autonomie und ihre finanzielle Existenz zerstörerisch.
Das Repertoire der Welt und die Repertoire-Reduktion durch Creative Commons …
Die ARD-Sender müssten bei einer Fokussierung auf GEMA-freie oder Creative-Commons-lizenzierte Musik auf all die hochwertigen Werke solcher Komponisten, die eine umfassende weltweite Verwertung anstreben, verzichten. Das widerspricht dem im Rundfunkstaatsvertrag formulierten Kulturauftrag und der Programmvielfalt. Gerade öffentlich-rechtliche Sender sollen durch die Haushaltsabgabe dazu befähigt sein, ein breites Spektrum an Inhalten ohne die Aushöhlung von Schutzrechten der Allgemeinheit zugänglich machen zu können. Sie sollen nicht verführt oder gezwungen sein, auf Lizenzbedingungen mit Gratis-Komponente zu schielen. Tun sie dies aber doch, riskieren sie als Konsequenz des ARD-Vorstoßes eine unverantwortbare Einengung Ihres Repertoires und damit die Legitimation der Haushaltsabgabe.
Insbesondere ermöglicht das bestehende System der kollektiven Rechtewahrnehmung – im Musikbereich vor allem durch die GEMA – der ARD die geforderte Programmvielfalt, denn ein breites Spektrum an Musik kann gegen klar ausgehandelte tarifliche Vergütungen vielfältig und rechtssicher genutzt werden. Selbst wenn die GEMA aufgrund von EU-Richtlinien mittelfristig ausgewählte Creative-Commons-Lizenzierungen zulassen sollte, hieße das immer noch, dass ein Großteil des Weltrepertoires eben nicht zu diesen Bedingungen für die ARD erhältlich wäre. Die LRA müssten Ihr Repertoire nach Lizenzen selektieren und zusätzlich hohen Aufwand betreiben, für genutzte Werke die Rechte zu klären. Schließlich gibt es unterschiedlichste Creative-Commons-Varianten; jede von ihnen erfordert, dass alle beteiligten Rechteinhaber zu den gleichen Verzichts-Konditionen bereit sind. Für die Musik hieße das, dass die LRA bevorzugt auf Werke ausweichen müssten, bei denen der betreffende Urheber gleichzeitig auch Interpret ist, weil sonst Leistungsschutzrechte berührt werden, die vom Creative-Commons-Modell gar nicht erfasst sind. Das wiederum würde die Redaktionen zwingen, auf den Einsatz hochwertiger Produktionen mit vielen Interpreten, z.B. Orchesterproduktionen, aus praktischen Gründen zu verzichten – auf Kosten der Programmqualität.
Da Creative Commons Lizenzen aus all den genannten Gründen im vielfältigen Sendealltag niemals rechtssicher sind, wird ihr Einsatz Probleme nach sich ziehen, deren aufwändige Vermeidung die redaktionelle Freiheit beeinträchtigen wird.
Warum wird iRights in die Entscheidung und Diskussion einbezogen, aber kein Berufsverband der betroffenen Urheber ?
Nicht zuletzt möchten wir Sie auch bitten, gründlich nach den Motivationen von politisch wirksamen Plattformen wie iRights.info zu fragen, bevor Sie eine Allianz mit ihnen im Creative-Commons-Vorstoß eingehen. Das vorher angeblich vertrauliche ARD-Positionspapier wurde von dieser Plattform veröffentlicht und – erwartungsgemäß positiv – kommentiert. Für uns wirkt es befremdlich, dass die ARD-Sender die Kommunikation (oder gar die Konzeption?) ihrer strategischen Ziele einer Plattform mit politischer Agenda überlassen. Wir fragen uns: Wie gelangt überhaupt ein bislang nicht veröffentlichtes Positionspapier der ARD an iRights.info? Es ist hinreichend bekannt, dass iRights.info auf breiter Front Lobbyarbeit für Creative Commons und somit die Profiteure dieses Lizenzmodells in der Netzwirtschaft leistet, jedoch bleibt dabei weitgehend intransparent, wer die Geldgeber hinter der Plattform sind. Es besteht der Verdacht, dass hier im Namen einer verbraucherorientierten Einflussnahme auf die Politik (entsprechend dem im ARD-Papier genannten „Public Value“) letztlich Lobbyarbeit der Internet-Konzerne stattfindet und daher die Creative-Commons-Lizenzierung von Inhalten entsprechend der Maßgaben von Internetkonzernen als vermeintlich beste Lösung des öffentlich-rechtlichen Dilemmas propagiert wird. Wir würden es begrüßen, wenn öffentlich-rechtliche Sender hier kritisch und unabhängig blieben und sich nicht in Panik vor der digitalen Zukunft instrumentalisieren ließen.
In diesem Zusammenhang finden wir es auch beschämend, wenn ein Mitverfasser des ARD-Papiers, Thomas Laufersweiler, auf dem Zündfunk-Netzkongress des Bayerischen Rundfunks als Kongressreferent während seiner eigenen öffentlichen Veranstaltung postuliert: „Künstler haben einen Ausschließlichkeits-Sklaven-Vertrag mit der GEMA gemacht“ (Quelle: https://twitter.com/Isarmatrose/status/520873220715843584). Solche Äußerungen sind nicht nur ein Affront gegen eine ganze Berufsgruppe, sie sind gezielte ideologische Meinungsmache im Sinne von global operierenden Internetmonopolisten und greifen direkt die Rechte von Kreativschaffenden an. Wir meinen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk sollte sich entschieden davon distanzieren.
Mit allem Nachdruck weisen wir daher darauf hin, dass die Ausschließlichkeit der Rechte-Übertragung von Komponisten auf die GEMA ohne die Möglichkeit zur Herausnahme einzelner Werke das einzig wirksame Mittel gegen eine Versklavung von Komponisten durch ihre Auftraggeber ist. Gäbe es diese Vereinbarungen nicht, würde jeder Auftraggeber die Komponisten nötigen, einzelne Werke oder Rechte aus der GEMA herauszunehmen, um kostengünstigere Konditionen, etwa über eine non-restriktive Creative-Commons-Lizenz, zu bekommen.
Beteiligen Sie uns an den Gesprächen und den Entscheidungen !
Statt nur einzelnen Mitarbeitern die Möglichkeit zu geben, eine Debatte im Namen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu führen, wünschen wir uns, Teil dieser Debatte zu werden. Durch gemeinsame Gespräche mit Urheberverbänden, Verwertungsgesellschaften und externen Beratern könnten nachhaltige Lösungen für eine urheberrechts- und persönlichkeitsrechtskonforme Nutzung von Inhalten im Netz erarbeitet werden. Der Grundstein dazu ist ja mit den Mediatheken bereits gelegt. Dass manche ältere Inhalte aufgrund unzeitgemäßer Verträge dort nicht problemlos genutzt werden können, kann nicht den Urhebern aktuell produzierter Inhalte angelastet werden. Deshalb macht es auch keinen Sinn, deren Rechte jetzt und in Zukunft massiv zu beschneiden. Gerade diese Urheber stehen der Mediatheknutzung nämlich NICHT im Wege, sondern haben größtes Interesse an einer Lösung. Das bestehende wettbewerbsrechtliche Problem sollte im Dialog mit den privaten Rundfunkanbietern und durch ein Überdenken der eigenen Programmstruktur gelöst werden, nicht durch partielle Entrechtung von Urhebern.
Dabei gilt es unserer Auffassung nach auch zu bedenken: Je mehr das öffentlich-rechtliche Programm einseitig auf Quote und Massenverbreitung ausgerichtet ist, konkurriert es direkt mit den Angeboten privater Sendeunternehmen. Dadurch wird die lästige Depublizierungspflicht zementiert. Denn die Privatsender sehen sich dann mit gutem Recht einer Disbalance im Wettbewerb ausgesetzt. Die ARD und die LRA sind also auch im Kern ihrer eigenen Entscheidungskompetenz – nämlich der eigenen Programmausrichtung – gefragt, eine nachhaltige Lösung herbeizuführen. Das Urheberrecht ist nur ein – in diesen Tagen gern genutzter – Sündenbock für Probleme auf ganz anderen Ebenen.
Wir wissen, dass bislang sowohl Ideen und Thesen für eine Creative-Commons-Politik der ARD-Sender geäußert wurden als auch konkrete Informationsveranstaltungen statt gefunden haben. Daher wollen wir uns mit unserer Position einbringen und hoffen, dass Sie in unserem Beitrag den Wunsch und die Bereitschaft zu einer konstruktiven Mitarbeit an der digitalen Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien erkennen. Uns ist ebensoviel an einer langfristigen und weitreichenden Legitimierung des dualen Rundfunksystems gelegen wie an einer breiten Verfügbarkeit von Inhalten im Netz. Nur darf diese Verfügbarkeit nicht über „den kurzen Dienstweg“ der Rechtebeschneidung von Urhebern – und letztlich auf Kosten der Legitimierung der Gebührenfinanzierung – geschehen.
Natürlich sind wir uns auch bewusst, dass gerade von Ihnen, den Intendanten, sehr wohl an verschiedenen Stellen Gedanken geäußert wurden, die ganz in unserem Sinne sind und die kulturelle Verantwortung der Sender betonen. Dafür möchten wir uns bedanken und Sie durch unseren offenen Brief bestärken, diese Gedanken in der Praxis umzusetzen. Wir möchten Sie aber auch ermutigen, bei der Umsetzung den Dialog mit uns zu suchen.
Wir stehen für eine Mitwirkung an der Erarbeitung von nachhaltigen Lösungen stets bereit und sind sicher, dass auch die Vertreter anderer Urheber-Berufsverbände sowie unserer Verwertungsgesellschaften bereit sind, Energie und Elan in die Gestaltung unserer gemeinsamen medialen Zukunft zu investieren. Bei der sicherlich schwierigen Positionsfindung brauchen wir Sie genauso wie Sie uns. Denn uns eint das Interesse an einem starken, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, damit nicht finanzstarke Lobby-Organisationen der Netzwirtschaft allein das mediale Ruder übernehmen und die Zukunft unserer Gesellschaft in ihrem Sinne bestimmen.
CC Composers Club e.V.
– Der Vorstand –