Verzinsungspflicht der GEMA im Falle des verschuldeten Einbehalts nachzuzahlender Tantiemen
Für alle Wahrnehmungsberechtigten der GEMA ist Ende vergangenen Jahres ein überaus wichtiges Urteil zur Verzinsungspflicht der GEMA ergangen. Es gibt den Wahrnehmungsberechtigten jetzt Argumente und damit die Möglichkeit, im Falle von zu Unrecht nicht ausgezahlter Tantiemen Verzugszinsen einzufordern.
- Vorgeschichte des Urteils war, dass ein Komponist die GEMA auf Feststellung der Nichtigkeit von Ausführungsbestimmungen zum Verteilungsplan für das Aufführungs- und Senderecht verklagt hatte. Auf der Hauptversammlung im Juni 2003 war beschlossen worden, den Koeffizienten 3 nur für Musik zu Werbespots anzuwenden, währenddem Musik in sonstigen Werbefilmen (Sender-Eigenwerbung, Direct-Response-TV, Erotik-Telefondienste, Teleshopping, Dauerwerbesendung) nur mit dem Koeffizienten 1 verrechnet werden sollte. Die Klage war erfolgreich und die Nichtigkeit dieser Bestimmung wurde rechtskräftig festgestellt. Infolge dessen zahlte die GEMA dem Kläger für mehrere Geschäftsjahre den Differenzbetrag nach.
- Aufgrund dessen klagte der Komponist in einem neuen Verfahren auf Zahlung von Verzugszinsen auf den nachgezahlten Differenzbetrag, da die GEMA die ihm zustehenden Tantiemen nicht bereits zu den nach dem Kalender bestimmten Terminen gezahlt hätte.
Der BGH gab dem Kläger vollumfänglich Recht und stellte fest, dass sich die GEMA mit ihrer Zahlung schuldhaft in Verzug befunden hatte. Denn sie hätte dem Kläger von Anfang an die Zahlung der Tantiemen unter Anwendung des Koeffizienten 3 geschuldet, da die Reduzierung gemäß beschlossenem Verteilungsplan von Anfang an nichtig gewesen ist.
2.1 Der BGH ließ den Einwand der GEMA, sie hätte sich in einem Rechtsirrtum befunden, nicht gelten. Es bestünden strenge Anforderungen an ihre Sorgfalt, durch die verhindert werden müsse, dass sie das Risiko der zweifelhaften Rechtslage ausschließlich dem Wahrnehmungsberechtigten zuschiebt. Der GEMA steht zwar auch nach Ansicht des Gerichts ein hinreichender Beurteilungs- und Ermessenspielraum beim Aufstellen von Verteilungsplänen zu, der allerdings durch die Regelung des § 7 Satz 1 Hs. 2 UrhWahrnG bestimmt wird (Willkürverbot). Beim Aufstellen des Verteilungsplans seien die Grenzen der Willkür jedoch überschritten worden, so dass ihr keine haftungsmildernden Umstände zuzubilligen waren. Sie hätte sich vielmehr erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, indem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung hätte in Betracht ziehen müssen. Dabei konnte sie sich auch nicht darauf berufen, sie habe ihr Urteil „mit Sorgfalt gebildet“, da sie sich eben in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt hätte.
2.2 Daher half der GEMA auch der Hinweis nicht, dass das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) als Aufsichtsbehörde die eingangs erwähnte Änderung in seiner Stellungnahme ausdrücklich gebilligt hatte, weil auch die Billigung durch die Aufsichtsbehörde nicht die Möglichkeit ausräumt, dass das angerufene Gericht die Wirksamkeit des Verteilungsplans anders als die Aufsichtsbehörde und die GEMA beurteilt. Im konkreten Fall kam außerdem hinzu, dass das DPMA die Änderung des Verteilungsplans zwar im Ergebnis gebilligt, in seiner Begründung gleichwohl auf rechtliche Bedenken hingewiesen hatte.
2.3 Schließlich entlastete es die GEMA auch nicht, dass das erstinstanzliche Gericht (LG Berlin) ihre Rechtsauffassung im Hinblick auf die Verzinsung zunächst bestätigt und die Klage des Komponisten abgewiesen hatte. Denn das erstinstanzliche Urteil zu Gunsten der GEMA ändere jedenfalls nichts daran, dass sie mit einer abweichenden Beurteilung durch das letztinstanzlich entscheidende Gericht (hier der BGH) rechnen musste.
Mit diesem Urteil ist nun rechtskräftig der Verzinsungsanspruch der Wahrnehmungsberechtigten gegenüber der GEMA (und damit auch gegenüber anderen Verwertungsgesellschaften) festgestellt. Die Verzugszinsen sind in Zukunft bei verschuldet verzögerten Auszahlungen berechtigter Tantiemen zu berücksichtigen und können gegenüber der GEMA eingefordert werden.
Dr. Claudia Rossbach
Rechtsanwältin